In Time, in Budget, und trotzdem ein Drama
Der Bühnenturm des neuen Münchner Volkstheaters
© Roland Halbe
Fast 40 Jahre bespielte das Münchner Volkstheater eine umgebaute Mehrzweckhalle in der Brienner Straße – als Mieter des Bayerischen Fußball-Verbandes. Damit ist seit Ende vergangenen Jahres Schluss. Nun residiert das Volkstheater auf fast 18.000 m² im hippen Münchner Schlachthofviertel: im backsteinfarbenen Neubau, gekrönt von einem weithin sichtbaren Bühnenturm. Und der hat es ebenso in sich, wie um sich. Umhüllt ist der 30 m hohe Turm zum schnellen Kulissenwechsel nämlich mit einer Glas-PTFE-Membranfassade im Chesterfield-Look.
Um die außergewöhnliche Gebäudehülle zu realisieren, wurde pro Turmseite eine rund 300 m² große Membran am Stück vom Turmdach abgelassen und dann über die Hoch- und Tiefpunkte der Stahlunterkonstruktion vorgespannt. Da eine Verebnung der diamantförmigen, doppeltgekrümmten Membranfelder mathematisch nicht fehlerfrei möglich war, wurden die einzelnen Felder entsprechend ihrer Position in der Fassade in Kettrichtung bis zu 5-fach überkompensiert und anschließend im Post-Processing wieder an die einfach gekrümmten und normal kompensierten Randfelder angepasst. Das Verschweißen der einzelnen Membranfelder erfolgte dann in einer ausgeklügelten Reihenfolge, um die erfolgten Kompensationsanpassungen nicht zu verfälschen. Ein aufwendiges Vorgehen, das jedoch – ebenso wie der gesamte Neubau – pünktlich und budgettreu realisiert werden konnte. Warum schlussendlich dann doch noch alles in einem Drama mündete? Ganz einfach: Weil das Münchner Volkstheater seine neue Spielstätte am 15. Oktober 2021 mit dem Drama Edward II eröffnete. Clickbait? Ach woher 🙂
Die Tragwerksplanung für die Chesterfield-Gebäudehülle des Bühnenturms leistete LEICHT-Ingenieur Martin Gasafi.